So für heute hatten wir 15 Kilometer eingeplant. Damit es eben nicht so anstrengend wird.
Wegen der schweren Rucksäcke und so. Das war der Plan.
Nach einem vernünftigen Frühstück und zweimaligem Rucksackumpacken sind wir gegen 10 in Rottenbach gestartet. Frau Stein hatte uns noch ein ordentliches Frühstück serviert, alles perfekt.
Die ersten 500 Meter ging es an der Straße entlang. So kamen wir in den akustischen und olfaktorischen Genuss von einigen historischen Traktoren, die sich auf den Weg zugy irgendeinem Treckertreffen gemacht hatten.
Lustige Jungs mit lustigen Treckern.
Von nun an bergauf
Das nächste Wegstück führte uns von Rottenbach bis nach Bechstedt, einem kleinen Dorf im Nichts. Wieder haben wir den Weg abgewandelt; Wiesenwege durch den Wald statt Asphalt.
Von Birken und Kiefern gesäumte Wege, Vogelgezwitscher.
Und die Sonne schien durch die Bäume. Klingt krass kitschig; war aber wirklich so. Guckt nicht so neidisch. Es war wirklich so!
Durch Bechstedt zum Trippstein
Jetzt ging es erste einmal krass bergauf. Auf Fotos sind Steigungen sehr schwer abzubilden, man sieht einem Bild das Gefälle wirklich nicht an. Au
Auf diesem Bild ist zumindest ein kleiner Anstieg zu erkennen; es ging also wirklich bergauf! Seltsamerweise bricht an solchen Stellen immer wieder unser synchrones Laufphänomen auf: Wir werden generell am Berg schneller. Das heißt nicht, daß wir dabei nicht ins schwitzen kommen, zügig bergauf ging es aber trotzdem!
Nun ging es auf der Hochebene zwischen dem Rinnetal und dem Schwarzatal weiter bis nach Bechstedt
Das Dörfchen Bechstedt hat außer viel Ruhe und einer Gaststätte nicht viel zu bieten, liegt aber inmitten einer faszinierenden Landschaft. Kleine Felder, Weiden mit Highland-Rindern und ganz viel Blick. Außer zwitschernden Vögeln haben wir echt nichts gehört, das Dorf lag wie ausgestorben in der Frühlingssonne.
Ohne Auto keine Chance zum Leben
Ganz nebenbei geht einem auf so einer Tour recht viel durch den Kopf. Was halten wohl die Menschen, die 20 Kilometer von der nächstgrößeren Stadt entfernt in einem Dorf ohne Geschäft, Arzt, Arbeitsstellen und Apotheke leben, von der Dieseldiskussion? Menschen, die dringend auf ein Auto angewiesen sind? Aus Sicht eines Stadtbewohner ist alles klar und logisch, ÖPNV und so. Aus Sicht von Menschen, die auf dem Land leben; die dort wegen der Ruhe auch bleiben möchten, sieht so eine Diskussion schon ganz anders aus.
Eher etwas weltfremd. Ist also alles eine Frage der Perspektive.
Wollte ich nur mal anmerken. Aber zum Glück für die Bechstedter hält dort einmal pro Stunde der Zug, dort verkehrt die Schwarzatalbahn, die uns am Ende der Wanderung wieder heimbringen sollte.
Die Suche nach dem Trippstein
Wir legten einige weitere Kilometer auf grasbewachsenen Pfade im Zickzack durch den Hochwald zurück. Wetter perfekt, 22 Grad am 28. April. Was will man mehr? Hier oben verläufte auch der Schwarzatal-Panoramaweg, der auf 8 Etappen 135 Kilometer Wanderspaß links und rechts des Schwarzatales bietet. Der Spaß will aber gut geplant sein: Auf 53 Kilometer Länge bringt es das tief eingeschnittene Kerbtal vom Rennsteig bis zum Endpunkt in Bad Blankenburg. Deshalb hatten wir clever geplant: Die letzten 320 Höhenmeter der heutigen Etappe fahren wir mit der Oberweißbacher Bergbahn, das war der Plan!
Endlich hatten wir als Zwischenetappe erst einmal den Trippstein erreicht. Ihn ziert seit 1842 eine Schutzhütte mit Blick auf das Dorf Schwarzburg und das herrschaftliche Schloss. Die Schwarzburgischen herren haben es in Thüringen weit gebracht und gehörten viele Jahrhunderte zum mächtigen Thüringer Hochadel. Am Standort des heutigen Schlosses wurde im Jahr 1071 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die Schwarzburger erlangten durch das übliche Adelsgemauschel aus Sex, Intrigen, cleverer Brautwahl und Amtshilfe für den berühmten Stauferkaisers Friedrich II. beim Kreuzzug nach Palästina jede Menge Herrschaftsgebiete in Thüringen dazu. Im Lauf der letzten 950 Jahre finden sich Burgen wie die Wachsenburg (bei den Drei Gleichen), das Residenzschloss Heidecksburg, die Leuchtenburg bei Jena, das Schloss in Sondershausen in den Besitzurkunden den Schwarzburger.
Ganz neu und am Tag unserer Wanderung noch nicht eröffnet ist die riesige Waffensammlung im neu aufgebauten Zeughaus der Schwarzburg, die ab dem 12. Mai 2018 bewundert werden kann.
Leider steht um die Mittagszeit die Sonne exakt in Blickrichtung Schwarzburg, so daß keine wirklich guten Bilder um diese Zeit machbar sind. Das Schwarzburger Schloss ist auf dem Bergsporn rechts neben dem Ort zu erkennen.
Als Rastplatz ist die Trippstein-Schutzhütte perfek
Apfel, ein Stück Knackwurst und ein Müsliriegel als Kraftspender sollten für weitere 5 Kilometer ausreichen. Das exklusiv bestellte Wetter hatte auch heute perfekt funktioniert. Temperaturen um 20 Grad ließen den Sommer erahnen. Wichtig war für uns, wegen des für 17 Uhr angekündigten Gewitters vorher im Hotel anzukommen.
Auf dem schnellsten Wege nach Cursdorf. Haha. Selten so gelacht.
Der clevere Trick: Wie man aus 15 Kilometern 23 machen kann
Vom Trippstein fanden wir einen Forst- und Reitweg, der oben über dem Tal in Richtung Sitzendorf führt.
Als Sehenswürdigkeiten können wir hier leider nur ein sehr gut besuchtes Insektenhotel, duftenden Waldmeister am Wegesrand und ein urzeitliches Monster erwähnen, welches sich als fotogene Blindschleiche erwies.
Wie überall auf der Strecke, waren wir wieder abseits der Menschenströme. Nur rund um den Trippstein sprangen ein paar Wanderer umher, auf den nächsten Kilometern waren ein paar Reiter aus dem Reiterhof an der Fasanerie auszumachen. Das wars. Bei zunehmender Bewölkung kamen wir zu einem der 146 Bismarcktürme, die Deutschland noch zu bieten hat. Ein Aussichtsturm mit zwei neu aufgebauten hölzernen Etagen bietet Sicht nach Schwarzburg und hinunter nach Sitzendorf, unserem nächsten Durchlaufpunkt. Auf einem steilen Serpentinenpfad stolperten wir ins Tal hinein in den Ort. Die Kaffeeproblematik von gestern sollte heute nicht wieder auftreten: Es gibt hier ein Kaffee, welches gemeinsam mit einem Bauernmuseum von einem Verein betrieben wird. Ehe wir uns versahen, kamen wir in den Genuss eines riesigen Stückes Apfelkuchen mit Schlagsahne als Begleiter zum Kaffee.
Leider kann ich euch hier nicht das komplette Stück zeigen, meine Urinstinkte ware schneller als meine Kamera.
Hier kann man sich nicht verlaufen
Klaro, die Ecke kennen wir. Wir waren schon mehrfach im Schwarzatal und sind hier auch schon gewandert. Eigentlich wussten wir, dass wir nur dem Flussverlauf der Schwarza folgen müssen, um an die Talstation der Bergbahn zu gelangen. Wir wollten ja, wie schon erwähnt, den letzten Anstieg mit 320 Höhenmetern vermeiden. Soweit so gut. Wir liefen fröhlich plaudernd eine Pfad ca. 30 Metern über dem Talboden entlang, bis ich auf meinen Handy-App sah, dass wir verkehrt sind. Also zurück – siehe Kartenaufzeichnung.
Hier ist die einzige Stelle, wo ein größeres Seitental in das Schwarzatal mündet. das Flüsschen Lichte (zwei Kilometer weiter oben durch eine Staumauer aufgestaut) hat uns verwirrt. Wie auf der Kartenaufzeichnung zu sehen, (blaue Linie) sind wir also zurück und wieder hinab ins Tal gestiegen. Und dann? Hmm. Dumm gelaufen. Wir sind auf der anderen Seite der Lichte wieder in die falsche Richtung gelaufen. Tata!
Der nächste Wegweiser zur Talstation der Bergbahn zeigt in die Richtung aus der wir kamen. 5 Kilometer, und das zurück! Nicht mit uns. Wir entschieden uns für den schweren Weg: 5 km bergauf ging es zur BERGstation der Bergbahn. Also nichts wie nach oben.
Genau den Berg, den wir eigentlich vermeiden wollten, stiegen wir schwitzend nach oben. Zur großen Freude gesellt sich noch ein kräftiger Regenguss zu uns. Eine Schutzhütte auf halber Strecke hat uns aber vor dem Durchweichen gerettet. Nach zehn Minuten war der nasse Spuk wieder vorbei. Ein Anruf im Hotel sicherte unser Zimmer und unser spätes Abendessen und dann nix wir rauf. Nach einer guten Stunde hatten wir in Lichtenhain die Flachstrecke der Bergbahn erreicht. Der Zug nach Cursdorf für um 18:37 Uhr.
Kilometerplan? Für die Katz. Aus 15 geplanten Kilometern sind heute 23 Kilometer geworden. Zeitplan? Kannste vergessen. Wir wollten vor 17 Uhr im Hotel ankommen, kurz vor 19 Uhr waren wir endlich da.
Geschafft!
Also wir waren geschafft. 320 Höhenmeter auf 5 Kilometern merkt man durchaus.
Und wir hatten es geschafft. Kurz nach 19 Uhr saßen wir im Cursdorfer „Hotel im Kräutergarten“ am Abendbrotstisch und fühlten uns wie Dracula: Tot aber glücklich …